08.02.2016
„Privacy Shield“ statt „Safe Harbor“ – bleibt alles anders?
Jacqueline Neiazy
Partnerin & Zertifizierte Datenschutzauditorin
Nach langen und schwierigen Verhandlungen gaben die EU-Kommission und Vertreter der US-Regierung am 2. Februar 2016 bekannt, dass sie sich über ein neues Abkommen zum transatlantischen Datenaustausch geeinigt haben.
Das neue Abkommen war notwendig geworden, weil der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Oktober 2015 in dem berühmt gewordenen Schrems-Urteil das Safe-Harbor-Abkommen für unwirksam erklärt hatte (vgl. hierzu unseren Blogbeitrag). Dies begründete der EuGH seinerzeit vor allem mit der massenhaften Überwachung durch US-Geheimdienste.
Dies betrifft nicht nur europäische Unternehmen, welche die Dienste der großen US-Dienstleister „GAFA“ (Google, Amazon, Facebook, Apple) verwenden, sondern beinahe alle Unternehmen, die bestimmte cloud-basierte Dienste wie Microsoft Office 365, Skype, Dropbox oder Salesforce verwenden, um nur einige zu nennen.
Angemessenes Datenschutzniveau
Das europäische Datenschutzrecht schreibt vor, dass eine Übermittlung in Drittstaaten (= Staaten außerhalb der Europäischen Union) nur dann erlaubt ist, wenn in dem Empfängerland ein angemessenes Datenschutzniveau gewährleistet ist, was in den USA nicht der Fall ist. Um trotzdem rechtskonforme transatlantische Datenübermittlungen durchführen zu können, stützen sich europäische Unternehmen bislang oftmals auf das Safe-Harbor-Abkommen. Dies war seit dem EuGH-Urteil nicht mehr möglich.
Übergangslösung
Die europäischen und deutschen Datenschutzbehörden räumten den Unternehmen eine Übergangsfrist bis Ende Januar 2016 ein, um die Datenübertragung in die USA auf andere Rechtsgrundlagen zu stützen. Neben der ausdrücklichen Einwilligung der Nutzer wurden hierfür vor allem die sogenannten EU-Standardvertragsklauseln und Binding Corporate Rules (BCR) anerkannt. Allerdings machten die Datenschutzbehörden deutlich, dass die beiden letzteren Rechtsgrundlagen auch keine dauerhafte Gewähr für datenschutzkonforme Übertragungen bieten können.
Das Privacy Shield Abkommen soll nun wieder eine vierte Rechtsgrundlage bieten.
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Eckpunkte des Privacy Shield
Von den konkreten Inhalten des Privacy Shield ist noch recht wenig bekannt, da die EU-Kommission bislang lediglich eine Pressemitteilung veröffentlicht hat. Dieser sind jedoch einige Kernpunkte zu entnehmen:
- Schaffung eines Beschwerdeverfahrens für EU-Bürger, sich mit Unterstützung eines Ombudsmanns gegen unbefugte Zugriffe auf ihre Daten zu wehren
- Überwachung des Abkommens durch die Federal Trade Commission (FTC)
- Jährliche Evaluierung des Abkommens durch die EU-Kommission
- US-Unternehmen müssen sich vom US Department of Commerce (Handelsministerium) zertifizieren lassen (wie schon bei Safe Harbor)
- Sanktionen für Unternehmen bei Verstößen
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Lob und Kritik
Optimistische Stimmen begrüßen die Einigung und sehen darin einen ersten wichtigen Schritt hin zu mehr Rechtssicherheit für die Datenübertragung.
Kritiker äußerten sich dahingehend, dass das neue Abkommen keine weitergehenden Anforderungen an den Schutz der Daten vor Geheimdienstzugriffen enthalte und daher den Anforderungen des Schrems-Urteils nicht entsprechen würde. Bislang basiere die Vereinbarung lediglich auf Absichtserklärungen der US-Behörden und nicht auf rechtsverbindlichen Zusagen. Auch die Vorsitzende der Art.-29-Gruppe (Zusammenschluss der europäischen Datenschutzbehörden) äußerte sich skeptisch.
Eine abschließende Bewertung ist derzeit mangels Veröffentlichung des Vertragstextes noch nicht möglich. Klar ist jedenfalls, dass die von den Datenschutzbehörden gesetzte „Schonfrist“ abgelaufen ist und Unternehmen tätig werden müssen. Eine weitere Übergangsfrist bis zum Abschluss der Verhandlungen zu Privacy Shield soll es ausdrücklich nicht geben. Soweit Datenübertragungen an US-Dienstleister auf Safe Harbor beruhen, besteht daher ab sofort dringender Handlungsbedarf.
Fazit
Es bleibt abzuwarten, wann das Abkommen tatsächlich verabschiedet wird und in Kraft tritt. Die dringend erforderliche schnelle Rechtssicherheit für europäische Unternehmen wird es vorerst leider nicht geben.
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